Wenn wir bei Viva la Mama vom Tragen reden, dann meinen wir meistens mit Tuch oder Tragehilfe. Das Wort Tragen hat aber eine so viel größere Bedeutung. Das weiß auch Samantha Geidel – Autorin von #golittleheart und Mutter des viel zu früh verstorbenen kleinen Rafaels.
Tragen: Im Bauch, im Arm und im Herzen
„Rafael wurde fast nur getragen. Wir legten ihn nur wenig ab. Er liebte diese Nähe. Klar, jedes Baby liebt es. Aber er schimpfte dann richtig und beruhigte sich nur durch unsere Nähe. Als hätte er gewusst, dass er die Nähe nicht lange haben würde. Dass etwas passieren wird, was wie ein scharfes Messer in unser Leben schneidet und plötzlich unsere heile Welt teilt.“ (Zitat aus meinem Buch „#golittleheart – Vom Anfang bis zum Ende“, Seite 159/160)
Mein Name ist Samantha und ich bin bald Mama von vier Kindern. Meine drei Töchter bestreiten mit mir gemeinsam das Leben hier auf Erden und mein Sohn, Rafael, wacht im Sternenkinderland über uns.
Das „Tragen“ meiner Kinder hat durch meinen Sohn eine sehr wichtige Bedeutung für mich bekommen. Ich möchte diesem Wort gern etwas mehr Wertschätzung verleihen, weil es ein unheimlich wichtiger Bestandteil aus dem magischen Band zwischen Mutter und Kind ist.
Liebe auf den ersten Blick
Genau so wie du, und jede andere Mama, trug auch ich meine Kinder viele Monate unter dem Herzen. Sie wuchsen in mir heran. Formten sich zu dem kleinen Menschen, den ich zur ihrer Geburt kennenlernen durfte. Ein Blind Date mit dem Versprechen, sich unsterblich zu verlieben auf den ersten Blick. Das Mutter-Kind-Band begann sich ganz neu zu knüpfen.
Durch das Tragen unserer Babys schenken wir ihnen nicht nur Nähe. Wir schenken ihnen Wärme, Sicherheit und eine vertraute Umgebung.
Mein Sohn Rafael war schwer krank. Er kam mit einem angeborenen Herzfehler zur Welt und hatte es oft nicht leicht. Das Tragen war unser Kitt, welches uns immer zusammenhielt und uns nie zerbrechen ließ. Weder mich, noch ihn. Wir brauchten es beide so sehr. Denn durch seine Nähe schenkte er mir neue Kraft, um den Weg für ihn weiter zu beschreiten. Man kann sagen, es war mein „Lebenselixier“.
Durch all die vielen Tage im Krankenhaus blieb uns diese Nähe, dieser wichtige Austausch unserer Liebe, verwehrt. Für andere Mamas war es eine Selbstverständlichkeit ihr Baby im Arm oder auf der Brust zu tragen. Für mich war es das nie.
Meine Welt brach zusammen
Als mein Sohn starb, ging ein großer Teil meines Herzens mit ihm. Mein Arm blieb plötzlich leer. Ich spürte nicht mehr seinen Herzschlag auf meiner Brust. Unser Kitt löste sich plötzlich auf und nichts hielt mich mehr zusammen. Ich brach zusammen in meiner eigenen, stillen Welt.
„Nach jedem Sturm und jedem Regen scheint auch wieder die Sonne“ und ich erwartete seine kleine Schwester. Auch sie trug ich unter meinem Herzen. In meinem Bauch. Sie formte sich zu dem wunderbaren, kleinen Mensch, der sie heute ist.
Ich habe das „Tragen“ ganz neu gelernt. Ich trage meine Kinder nicht nur, wenn sie klein sind. Ich trage sie durchs Leben. Ich trage sie durch Herausforderungen. Gebe ihnen Starthilfe. Helfe ihnen bei schwierigen Sprüngen über Klippen, von denen sie glauben, sie könnten sie niemals bezwingen. Ich trage meine Kinder mit all meiner mütterlichen Kraft, die mir mein Sohn verlieh.
Ich trage ihn weiter im Herzen
Ich trage auch meinen Sohn weiterhin. Nicht physisch. Nicht mehr in meinem Arm oder auf meiner Brust. Aber unser Kitt, welches unser Mutter-Kind-Band einst knüpfte, hält ihn fest in meinem Herzen. Ich trage ihn in meinen Worten, in meinen Gedanken und Erinnerungen. Ich trage ihn in die Welt hinaus, damit er nie vergessen wird.
Das Tragen unserer Kinder ist so viel mehr, als nur ein kräftezerrender Akt. Wir tragen sie durch ihr gesamtes Leben und schenken ihnen so viel mehr, als nur Nähe. Wir schenken ihnen Sicherheit und Urvertrauen, auf welches sie ihr Leben aufbauen und später mal ihre eigenen Kinder durchs Leben tragen können.
#golittleheart – Vom Anfang bis zum Ende
Samantha hatte ihrem Sohn etwas versprochen: Dass sie sein Leben niederschreiben und eine unvergessliche Erinnerung an ihn schaffen würde. Und das hat sie getan. Am 23.05.2023 erschien ihr Buch #golittleheart – Vom Anfang bis zum Ende, in dem sie die ganz intime und emotionale Geschichte von Rafael erzählt.
Sie schreibt über den täglichen Balanceakt zwischen Leben und Tod, Hoffen und Bangen und dem immer wiederkehrenden Glauben an das Gute, an ein persönliches Wunder für Rafael. Samantha führt dazu auch einen persönlichen Blog auf Instagram: @journeyofsomeone
Liebe Samantha,
wir danken dir, dass du einen kleinen Teil deiner Geschichte und deine Gedanken zum Tragen mit uns geteilt hast. Wir wünschen dir ganz viel Kraft für die kommende Zeit, eine richtig schöne Restschwangerschaft und dann ganz viel Freude beim Tragen deines vierten Kindes.
Herzlichst,
Isabel von Viva la Mama